Mittwoch, 2. November 2016

Klassentreffen



sie sitzen da, schwärmen vom letzten mädels-, männer- , pärchenabend
ich sitz nur da und frag mich, warum mich solche schmerzen plagen
und dann bewundern sie aufrichtig verlogen ihre lebensführung
die karriereleiter gestrickt nach dem vorbild ihrer korporativen rädelsführer
bausparvertag und familienplanung sind längst abgeschlossen
und ich merk, ich bin völlig entfremdet von meinen artgenossen
haus, auto, gesteifte hemdkragen und ein gartenzaun
die nächsten vierzig jahre durchgeplant und jetzt warten auf
die nächste beförderung und gleich noch 'ne lohnerhöhung
die schäfchen ins trock'ne bringen und bloß nich stören
sie finden französisch auch ganz nett, aber nur bis der bonjourtropfen grüßt
und sie feiern big business auch nur, weil ja keiner von ihnen in der konkursmasse liegt
ihr rezept ist einfach, dem chef niemals die meinung sagen
keine miene verziehen und die gewünschte haltung wahren
politisches interesse kennen sie nur wegen börsenkursen
und mir platzt der schädel, auf der suche nach meiner meinung frei von all zu bösen worten
also schweig ich, doch wer schweigt, gibt recht
also reiß ich plötzlich 's maul auf bis sich der fehlende weitblick rächt
schrei laut rum, dass das alles dumme scheiße sei
dass menschen wie sie nahrungsgrundlage sind für kriegstreiberei
neues smartphone, neues auto, neuer raubbau an der dritten welt
und dass ich's verwerflich find, dass sich von ihnen keiner gegen hitler stellt
irgendwann schmeißen sie mich dann raus, denn ich sei linksversifft und stolz darauf
außerdem befänd' ich mich moralisch zwischen kinderstrich und goldankauf
aber vielleicht meinten sie auch, ich wär rotzbesoffen und von meinem erbroch'nen voll versaut

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