Donnerstag, 27. April 2017

siebenundzwanzig



mit dem rauchen aufhören
mit dem saufen auch
da ist diffuse angst
alles noch zu unbekannt
da ist selbsthass
und unsicherheit
zuweilen auch kampfgeist
denn aufgeben niemals
betäuben immer gern
den hass, die wut
die manie, die melancholie
manche sagen
lieber vierzig jahre leben
als achtzig da gewesen
doch erst siebenundzwanzig
gefangen
zwischen ungewissheit
und schaffenskraft
feier das eig'ne anspruchsdenken
leb die angst doch noch einzulenken

Mittwoch, 26. April 2017

Einsam/Allein



die meute tobt
das bad in der menge ist beruhigend
das wissen auch hier allein zu sein
der ruhepol des universums
allein
mit sich selbst
mit den gedanken
unter menschen
allein
nicht einsam
allein
mit sich selbst
in sich selbst
allein
nicht einsam
sich selbst der beste freund
sich selbst den rücken stärken
sich selbst die hand halten
sich selbst umarmen
allein
nicht einsam
während die meute tobt
und das bad in der menge um einen wogt

Freitag, 21. April 2017

Sonne

die sonne geht auf 
die sonne geht unter
welch schauderhafte lüge
im spiel des kosmos ruht die sonne
gleich einem see an einem wintermorgen
aus ihrer ruhe im raum diktiert sie das leben
einen schritt zu nah und ihr feuer verbrennt die welt
einen schritt zu fern und alles stürzt in kälte
frühling, sommer, herbst, winter, frühling
nur abschnitte auf der ellipsenbahn
das feuer brennt tag für tag
scheinbar immerzu weiter
bis der kollaps naht
keine flucht 
kein entkommen
irreparabel ausgeschöpft
bleibt nur weiter fügen in den lauf der dinge 
 

Mittwoch, 19. April 2017

Ladenschluss

Ich guck die beiden mittlerweile seit 'ner halben Stunde genervt an. Ich mein, es fing ja ganz okay an. Er hat zumindest 'ne Kleinigkeit gegessen und sie hat sich gut einen eingeschenkt, aber inzwischen hält sie sich seit 'ner Stunde an ihrem halbleeren Weinglas fest und er, naja ihn kann man wohl komplett vergessen. Das schlimmste ist, ich glaube, er weiß, was ich die letzten Minuten denke, aber er hat einfach nicht die Eier, die Frau neben sich aufzuscheuchen. Schon klar, dass die beiden in dieser Stadt nirgends sonst hinkönnen. Sie sind aber auch ein "komisches" Paar. Er ist zu klein für 'nen Kerl und zu dick für sein Alter und sie ist eigentlich zu alt für ihn, aber dafür echt schön anzuschauen. Also ich versteh wirklich, warum die beiden hier sind. Ja, hier kann man ungestört sitzen und trinken und 'ne Kleinigkeit essen, aber irgendwann will ich auch mal Feierabend haben. Den Tresen hab ich schon für drei Wochen im Voraus geputzt, die Gläser sind alle gespült bis auf ihres, der Koch ist grade heim, jetzt hängt es eben echt nur noch an den beiden.

Oh nein! Warum denn das jetzt? Er legt seinen Arm um sie. Moment, vielleicht, er flüstert ihr was ins Ohr. Sie wirkt ein wenig aufgebracht, wie sie so auf ihrem Telefon rumtippt und ihn volllallt. Naja vielleicht wird es ja zumindest nochmal spannend jetzt, wenn er sie scheinbar schon nicht überzeugen konnte zu gehen.

Sie gibt ihm ihr Telefon, anscheinend soll er korrekturlesen. Und sie redet immer weiter, aber sie wird lauter und gleichzeitig undeutlicher, aber auch ungehaltener. Ich versteh kein Wort. Und ob er weiß, worauf er sich da eingelassen hat? Vermutlich nicht. Aber immer wieder interessant zu sehen, was so eine Flasche Wein auf nüchternen Magen aus den gefasstesten Menschen machen kann.

Am besten polier ich demonstrativ noch ein letztes Glas und sag dann irgendwas wie: "So! Da kann der Feierabend ja kommen."

Ach sieh an! Er winkt mich rüber. Küche is' nich' mehr und Getränke sind auch aus für heute, das wird ihm doch hoffentlich klar sein.

Na Gott sei Dank! Er will die Rechnung. Liebend gerne doch und dann könnt ihr bitte auch direkt verschwinden. Ich versuche ein freundliches Lächeln zu immitieren. Wenn er Glück hat, ist der Heimweg lang genug, damit sie den Kopf wieder halbwegs frei bekommt. Soll mir auch egal sein, jeder ist seines Glückes Schmied. Oder sich selbst der Nächste? Irgendsowas halt. Vielleicht sollte ich ihm trotzdem noch einen Rat mit auf den Weg geben, während sie versucht in die Jacke zu kommen. Ach Quatsch! Nützt ja nix! Außerdem bringt der Chef mich um, wenn ich potentielle Stammgäste vergraule. 

Ich verabschiede die beiden an der Tür, schließ ab und lass ihr dreckiges Glas stehen. Soll sich doch morgen früh jemand drum kümmern.

Sonntag, 16. April 2017

Altersweise

"Im Osten sagen sie, man habe ein Alkoholproblem, wenn man grundlos trinkt", blickt mich der Alte aus glasigen Augen an, "ich habe all die Jahre nur aus gutem Grund getrunken", die Zigarette ruht zwischen den vergilbten Fingerspitzen, "ich wollte, dass sie uns vergeben und vergessen."

"Wollten Sie nicht eher verdrängen?", frage ich ihn.


"Nein", er schüttelt energisch den Kopf, "das nicht. Gar nicht möglich, so etwas einfach wegzuschieben", er sackt noch ein wenig mehr in sich zusammen, "verstehen Sie das, junger Mann?"


"Ja. Nein. Ich weiß nicht", Ich schweige, während er mich nur ansieht, "kann ich das überhaupt?"


"Wahrscheinlich noch nicht", er zieht an seiner Zigarette, "hoffentlich niemals. Wissen Sie, wir sind damals blindlings dem Wahnsinn gefolgt."


Ich sehe ihn an, seine faltigen Hände zittern, die Augen füllen sich hinter den geschlossenen Lidern mit Tränen. Er zieht schweigend an der Zigarette. Ich lege ihm die Hand auf die Schulter. Gern würde ich etwas sagen, um sein hausgemachtes, viele Jahre altes Leid zu lindern, nur kann ich das einfach nicht.

Samstag, 15. April 2017

Routine

kaffee
zigaretten
bier
likör
zigaretten
kaffee
kaffee
zigaretten
gedanken
schlafmangel
zigaretten
kaffee
kaffee
zigaretten
cunnilingus
akt
zigaretten
kaffee
kaffee
zigaretten
schrift
text
zigaretten
kaffee
kaffee
zigaretten
zigaretten
kaffee

Kreissägeblatt

Ich denke nicht, dass das Gedanken sind, die mir da Abend für Abend durch den Kopf rasen, rauschen, schießen. 

Denn es fühlt sich eher wie ein Kreissägeblatt an, das immer schneller und schneller und schneller dreht und dabei nur ganz leicht, fast gar nicht, aber eben doch ein bisschen die Innenseite des Schädels touchiert. 

Ich glaube einfach nicht, dass sich Gedanken so anfühlen können, sollten, dürfen und irgendwann, wenn dann das Kreissägeblatt sich eine Art Führungsschiene in die Innenseite des Schädels gefressen hat, merke ich, wie alles um mich herum dumpf wird und die Lider immer schwerer werden. 

Ich kenne das im Grunde schon seit Kinderzeiten, nur dass das Bild eines Kreissägeblatts damals noch nicht so präsent war. 

Letztlich ist es wohl einfach mit mir gewachsen und sein Antrieb leistungsstärker geworden, aber solang es mich in den Schlaf wiegt mit seinem monoton-schneidenden Geräusch in meinem Kopf und in der Geschäftigkeit des Alltags meist stillsteht, sehe ich keinen Grund, das Kreissägeblatt zu demontieren. 

Donnerstag, 13. April 2017

Studenten

sie wollen frei sein
konzerte, wg-parties
ausschlafen, freidenken
eines tages erfüllung
werbeagentur, wissenschaftliche publikation
elitäres denken 
freiheit jetzt genießen
bafög-amt, mama, papa
geld nicht so wichtig
man selbst sein
sich selbst finden
 sich selbst suchen
sich selbst verlieren
rückschritt
aufgerieben werden
anspruch und wirklichkeit
kleingeist von klein auf aufgesogen
heiraten, familie, eigenheim
kleines glück allein 
lauert im hinterstübchen
unbewusst bewusst verdrängt
schlägt unvermittelt zu
elite wird durchschnitt
mut war nie wirklich da
eigenes süppchen gekocht
szeneviertel
kein kontakt zum pöbel
im geist doch so nah 
ingenieur, bachelor, master, doktor
FACHLAGERIST

Mittwoch, 12. April 2017

Trias

ich will
mein willen ist aufgedrängt
von außen verinnerlicht
von innen nach außen bricht
unruhe, zittern, kälte
GEWOHNHEIT

ich will
mein willen ist ziellos
von außen beeinflusst
in mir gereift
umarmung, nähe, wärme
SEHNSUCHT

ich will
mein willen ist selbstbestimmt
von anderen vorgelebt
immitiert, angepasst 
worte, zeichen, einsamkeit
ANTRIEB

Dienstag, 11. April 2017

Feierabend



Ich steh' an der Haltestelle im Morgengrauen. Der Schweiß der Arbeit klebt mir die Buxe an die Innenseite meiner Schenkel. Die Schicht hat mir heute endgültig die letzte Energie geraubt, und doch plagt mich eine unbändige innere Unruhe.

Die Hände jucken wie immer vom Metallstaub, der sich in den Schweiß gemischt hat und jetzt diesen unverwechselbaren Geruch verursacht, aber das ist es nicht, was mich umtreibt, das bin ich gewohnt. Tag ein, Tag aus. Auch die klebrige Buxe geht mir am Arsch vorbei. Gewissermaßen. 
Dass der Fernseher am Wochenende unbedingt durchschmoren wollte, geschenkt. 
Dass der neue 'ne ganze Stange Geld gekostet hat, drauf geschissen.
Dass der Kühlschrank jetzt erstmal leer bleibt, sei's drum. 
Aber dass die Kohlen nicht mehr für Kippen reichen und ich seit vierzehn Stunden und, ich schau auf meine Uhr am Handgelenk, siebenundzwanzigeinhalb Minuten nicht mehr geraucht hab, macht mich wahnsinnig. 

Es juckt überall an meinem Körper. Von den Fußsohlen, übers Waden- und Schienbein bis hinauf zum Bauchnabel. Auf der Stirn, hinter den Ohren und unter den Achseln sowieso. Und jetzt, als ich merke, wie das Jucken von den Schulterblättern auf die Brust wandert, ist es wirklich überall. Selbst in den Nasenlöchern. Einfach ÜBERALL!

Wo bleibt dieser verdammte Bus?!

Ich schau wieder auf die Uhr und bemerke den Stummel, wo mein kleiner Finger sein sollte. Von wegen Rauchen sei ungesund. Das ist das Ergebnis des letzten erzwungenen Entzugs, wer weiß wozu es dieses Mal führt. Es sind schließlich erst vierzehn Stunden und mittlerweile dreißig Minuten von dreihundertsechsunddreißig Stunden. Ich verdränge den Gedanken an die zur Neige gehenden Feierabendbiere ebenso wie den, dass ich erst in etwa dreihunderteinundzwanzig und einer halben Stunde wieder Geld kriege. Zwei Wochen. Zwei Wochen sollen genügen, die Symptome der Abhängigkeit zu überwinden. Aber was nützt mir das jetzt, wenn ich in zwei Wochen doch wieder direkt 'ne neue Stange kaufen gehen werde?

Sonntag, 9. April 2017

Umsorgtheit

Wir haben uns gestern einen schönen Abend bei Wein und Bier unter Leuten gemacht und eigentlich wollten wir nur den Tag auf der Couch verbringen, ihn so dahingleiten lassen bis zum Mittagsschlaf im Bett, doch plötzlich springst du auf und hechtest schon halb zum Staubsauger. Ich zieh dich wieder neben mich auf die Couch und halt dich zurück, halt dich fest.

Versuche es zumindest. Du willst klar Schiff machen und windest dich aus meiner Umarmung, Umklammerung. Keine Chance, dich komplett zu bändigen, zu zügeln, zur Ruhe zu bringen, zu zwingen.

Ich verharre kurz in der Melange aus Bequemlichkeit und Beklemmung, geboren aus der Umsorgtheit, mit der du mich sicher verwöhnen willst. Ich höre, wie der Stecker in der Dose einrastet, und gleich darauf das Dröhnen des Saugers, also raff ich mich auf, lasse das Wasser ein und sortiere den Abwasch vor. Keine Chance, dass du meinen Scheiß in Ordnung bringst, mir den Arsch nachträgst. 

Ich muss Jetzt zum Gegenschlag ausholen, um nicht den Rest des Tages im Selbsthass, ob bequem-paschahafter Untätigkeit, zu vergehen.

Schieb's auf mein Elternhaus, meinen Mangel an Egoismus, meinen Grundcharakter, worauf immer du willst, aber ich lass dich nicht um mich rumwischen, während ich mir nur die Eier schaukel. Mit ein bisschen Glück bin ich an der Spüle schnell genug, um noch das Bad unter meine Fuchtel zu bringen, ehe du es erreichst.

Du ertappst mich mit den Händen im Spülwasser, willst mich auf die Couch zurückscheuchen. Niemals!

Dass ich das hier und jetzt tu, obwohl ich nur die Ruhe mit dir im Arm genießen wollte, ist das höchste Maß an Egoismus, das ich an den Tag legen kann. Lieber versau ich mir halb so lang, wie du allein bräuchtest, den Müßiggang als am Ende den ganzen Tag, weil ich zusehe, wie du dir die Ruhe allein zunichtemachst. Ich will doch nur wieder mit dir im Arm auf die Couch, ins Bett, im Hinterhof eine rauchen, also versuch' gar nicht erst mir Einhalt zu gebieten. 

Was du kannst, kann ich schon lange und solange ich voll funktionstüchtige Füße zum Stehen und Hände zum Spülen und Schrubben habe, brauche und vor allem will ich kein Hausmütterchen.

Samstag, 8. April 2017

Bekanntschaften



Ich sitz an der Ostseite mit Blick auf den Busbahnhof, das heißt ich würde auf den Busbahnhof blicken, wenn ich nicht, die Kapuze über die Kopfhörer tief ins Gesicht gezogen, an meinem Kaffeebecher vorbei auf den Boden gucken würde.

Dann bleibt plötzlich ein paar beschuhte Füße vor mir stehen und verweilt in meinem Blickfeld. Zwischen den Takten auf den Kopfhörern und den dumpfen, ausgegrauten Umgebungsgeräuschen höre ich, dass mich jemand anspricht, glaube ich zumindest, vermute es und hebe unweigerlich meinen Blick, während ich die eine Ohrmuschel hinter mein rechtes Ohr schiebe und sehe in ein altersloses Gesicht, gegerbt von zu viel Zeit an der frischen Luft, die Handrücken sind mit Tätowierungen geziert aus einer Zeit, als das noch gesellschaftlicher Selbstmord war.

"Kann ich dir irgendwie helfen?", spreche ich ihn schließlich an und schnipse meinen Zigarettenstummel links an ihm vorbei.

"Du siehst aus", entgegnet er, "als könnte man dich was fragen."

"Sicher", ich nicke, "so lang du keine Niere von mir willst", ich steck mir eine frische Zigarette in den Mund, zünde sie an und halte ihm die Schachtel hin. Er greift sofort zu.

"Du bist okay. Darf ich?", deutet er auf den Platz neben mir. Ich nicke, er setzt sich neben mich und sofort steigt mir der Geruch von Suff in die Nase. "Und darf man fragen, was du so machst?"

"Gar nix!", ich grinse, "ich studiere."

"Cool. Cool", er zieht an der Zigarette, "also feierst du viel, oder?"

Ich schüttel energisch mit dem Kopf. "Nee, nee. Damit bin ich durch, ich studier' wirklich, also das heißt", ich lache kurz auf, "ich geh nur einfach so nicht hin."

"Okay. Okay. Und was würdest du studieren, wenn du hingehen würdest?"

Ich blicke wieder zu Boden und zieh an meiner Zigarette. "Englisch Lehramt", ich elender Lügner.

"Und wenn du fertig bist, willste dann richtig an 'ner Schule unterrichten, oder wie?"

Ich fahre mir unweigerlich mit meiner rechten Hand durchs Haar und atme deutlich hörbar aus. "Keine Ahnung, ma' gucken", ich ziehe wieder.

"Ja, klar", winkt er beiläufig ab, "ich mein, du bist auch noch jung. In deinem Alter hatt' ich auch keinen Schimmer, was ich machen will."

"In meinem Alter?", ich sehe ihn zweifelnd an, "so viel älter siehst du gar nicht aus."

"Danke", er lacht, "aber ich bin 53."

Ich schüttel den Kopf und ziehe eine Augenbraue hoch. "Ernsthaft?"

"Ja, glaub mir", er zeigt ein lückenhaftes Grinsen, "Dreiundfünfzig!"

"Digger, du siehst nicht älter aus als mein Bruder und der ist erst Mitte Dreißig."

"Ist ja gut. Glaub's mir halt einfach. Isso!", er zieht an der inzwischen zu einem Drittel runter gebrannten Zigarette, "Übrigens, weil du ja so ein Sprachtalent bist, ich kann zwölf Sprachen, aber kein Englisch."

Ich habe den Verdacht, er versucht bewusst das Thema zu wechseln. "Du? Kannst zwölf Sprachen?"

"Ja man. Nur halt kein Englisch", er sieht mich herausfordernd an, als solle ich ihn bitten etwas in einer anderen Sprache zu sagen, doch mein ausdauerndes Schweigen lässt ihn fortfahren, "hab ich alle im Knast gelernt", erst jetzt atmet er den Rauch wieder aus, keine Ahnung, wie er das geschafft hat, "also nicht alle auf einmal, sondern schön so nach und nach über die Jahre."

"Okay", ich nicke aus einer diffusen Anerkennung heraus, "und wie lang warst du drin?"

"Insgesamt", er macht eine kurze Pause, "oder jeweils?"

Ich reagiere nicht.

"Also erst hier in Deutschland", fährt er fort, "das war bisschen wie Urlaub. Und dann mal in Thailand und so weiter", er breitet die Arme aus, "ich hab so 'ne Art Weltreise gemacht und auf der musst' ich mich ja dann auch irgendwie verständigen. Weißte wie ich mein?"

"Jaja schon klar", ich bin mir nicht sicher, ob er mich verarschen will, denn er wirkt irgendwie glaubwürdig, "und was hast du immer mal wieder so angestellt?"

"So verschiedenes eben", er wischt sich mit dem Handrücken über den Mund, "also das erste Mal war ich zehn Jahre wegen Totschlag in Moabit. Da wollt' einer meine Tochter anpacken", er holt instinktiv mit der Hand aus, "und dann hab ich halt zugelangt."

"Okay", ich muss kurz schlucken, "kann ich irgendwie verstehen", wenn es denn wahr ist, füge ich im Geist an, "Und was jetzt so?"

"Ich wohn' da ein Stück die Straße runter, in so 'nem Abbruchhaus und versuch irgendwie über die Runden zu kommen."

"Krass."

"Ach", er winkt wieder ab, "passt schon. Ich komm klar, so lang ich jeden Tag meine fünf, sechs Bierchen krieg'. So Kaffee, wie du hier, geht gar nicht, kommt mir immer direkt wieder raus."

"Shit, damit könnt' ich nicht leben, glaub' ich."

"Halb so wild, halb so schlimm, aber, was ich immer mal ganz gern trinke", er fuchtelt mit dem linken Zeigefinger in der Luft rum, "also wenn ich genug geschnorrt hab, weißte, is' Kakao. Das geht immer."

"Versteh das jetzt nicht falsch", ich lehn' mich auf der lehnenlosen Sitzbank zurück, "aber mit dir möcht' ich nicht tauschen."

"Kann ich gut verstehen", er klopft mir auf die Schulter, "würd' ich auch nicht wollen."

"Ja, gut", ich steh auf, steck mir noch eine neue Zigarette in den Mund und halte ihm wieder die Schachtel hin, er nimmt zwei, "ich muss dann jetzt auch los."

"Willst doch lieber wieder richtig studieren, was?", er grinst, "war nett dich kennenzulernen."

"Gleichfalls", ich deute mit der linken Hand ein Winken zum Abschied an, "Und mach dir noch 'nen schönen Tag."

"Danke, danke! Wünsch ich dir auch."

Ich dreh mich um und mache mich daran den Platz zu verlassen, als ich mich nochmal umsehe, sitzt er noch immer auf der Bank und raucht seinemeine Zigarette...