Es muss im Spätherbst oder um den Winteranfang gewesen sein.
Wir hatten gerade die Spätschicht in den heiligen Hallen der Schinder hinter uns gebracht.
Drei unter Tausenden. Drei, denen es nie um den feuchten Tagtraum einer
Festanstellung ging, wie ihn einige der Hartzer hegten.
Wir wollten nur ein Vierteljahr okayes Geld für stumpfe Arbeit
abgreifen. Acht Stunden in den halboffenen Boxen, eingezäunt vom
eigenen, dem Arbeitsplatz des Hintermanns und dem Fließband. Kiste
rausgreifen, scannen, dann den ersten Artikel scannen und verpacken und
den nächsten und den nächsten und den nächsten bis zur nächsten Kiste.
Stupide, mit Leistungsdruck behaftet, so man denn länger bleiben wollte.
Die Vorarbeiter zwischen den Reihen umherschleichend wie
Gefängniswärter, allzeit bereit einen jeden zurückzuweisen, der bereits
zwei Minuten vor der Pause seinen Arbeitsplatz in Richtung Ausgang zu
verlassen gedenkt.
Der Ausgang. Die Reling über dem Hallenboden. Ein Gang von gefühlten Stunden, drei Detektoren und
Sicherheitsleute waren jedes Mal zu passieren, bevor tatsächlich die Pause anzutreten
wäre im eingezäunten Raucherbereich. Eingezäunt war und ist sowieso
alles und nur zu betreten mit dem Passierschein A38 im Chipkartenformat.
So vieles weckte den Eindruck eines Gefängnisses, selbstgewählt hatte
man es oder zumindest jederzeit freiwillig verlassen hätte man es
können, doch kaum einer konnte oder wollte auf das Geld verzichten.
Und da standen wir nun zu dritt in der Kälte. Knapp dreihundert Meter vom
Flachbau in Grau und Gelb entfernt, den Zaun noch in Sichtweite. Ob der
Geruch der Arbeit oder des Selbsthasses dominierte vermag ich nicht mehr
zu bestimmen. Zu dritt, ein Bruchteil vieler. Die Tanke als
Zufluchtsort und Suff und Kiff als Wegbereiter für den
Eskapismus im Feierabend.
Wie oft mich der Gedanke überkam, wie wunderschön ein Feuer in diesem
Tempel der Ausbeutung hätte lodern können, habe ich vergessen, letztlich
haben sich doch nur die Namen der anderen beiden an der Tanke in Rauch
aufgelöst und selbst das Geld ist schon lang verbrannt...
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