Donnerstag, 31. Januar 2019

Dornenkrone


Das Haupt wiegt schwer unter der Dornenkrone.
Der Tod des Messias' hat doch schon Methode.
Kenn das Gefühl zu gut: hinschmeißen, bleiben lassen,
statt Schwäche zeigen, lieber Scheiße quatschen.

Das Hemd gebügelt die Krawatte sitzt.
Null, acht, fünfzehn von neun bis fünf,
dann noch kurz zusammenreißen
und zu Haus die Segel streichen.
Morgen verkauf' ich wieder das Leben als Witz
und der Alltag bürstet mich gegen den Strich.
Denn während Gesundheitsminister Reden schreiben,
muss ich mir jeden Tag aufs Neue Zähne zeigen.
Du bist dumm und hässlich,
schreit die Stimme im Kopf täglich.
Also im Laufschritt vor Karriere fliehen
und die verdammten Konsequenzen ziehen.
Die eig'nen Fehler erkennen, Brücken abbrechen,
statt Ja und Amen sagen, endlich anecken.
So schlag ich Sprossen aus der Karriereleiter,
such' nach Chancen und mach das hier weiter.
Dreiundneunzig Kilo Minderwertigkeitskomplexe und Angstneurosen.
Sicher, ich könnt' das schon, doch wollt nie ganz nach oben.

Und von RAG
bis nach Roubaix
das Leben baut auf Pfade aus Kopfsteinpflaster.
Vierzig Stunden die Woche kämpf ich mit dem Kotzreiz, Alter.
Also frag nicht, was will ich erreichen,
rational lässt sich das nicht begreifen.
Lebensentwurf eher so 'ne Mischung aus Buk und Kafka
als Maschmayer, Trump und Prawda.

Kann schon sein, dass es mir mal auf die Füße fällt,
doch man muss 'ne Richtung wählen, solang man die Zügel hält.
Und wenn jede Faser schreit: jetzt oder nie!
Dann setz' ich aufs Spiel!

Freitag, 18. Januar 2019

Alter Freund


Wie lang kennen wir uns?
Zehn, zwanzig Jahre?

Ein Leben lang!
Du warst immer da.

Mit sechs der erste Kuss,
hat mich komplett umgehauen.
Dann lang nur von Ferne betrachtet,
bis ich so dreizehn, vierzehn war,
da hast du mich eingefangen,
in deinen Bann gezogen.

Du hast jeden Umzug mitgemacht,
jede Frau mit mir geteilt,
jede Party, auf der ich war,
besuchten wir Hand in Hand.

Dann Schläge in die Magengrube
eingeschlossen im Bad,
in der Straßenbahn,
in dunklen Seitenstraßen.

Ich bin immer zurückgekommen,
hab immer dein Versprechen geglaubt,
alles würde besser mit der Ewigkeit,
doch hatte ich dann ausgeschlafen,
blieb nur der Trennungsschmerz,
deine kalte Schulter.

Hab dich nie besser kennengelernt
als damals mit sechs.

Wir sehen uns immer noch gelegentlich,
doch du bist nur noch ein alter Freund.