Dienstag, 15. November 2016

Chasing Amy



sie bringt bei tageslicht wo sie geht und steht männerköpfe zum nicken
mit der art wie ihre hüften von links nach rechts und zurück wippen
keiner weiß so genau, ob sie weiß, doch sie hält die welt in atem
schon kleine jungs wären für sie bereit zu verweg'nen heldentaten
und wenn dann die nacht anbricht, schließt sie den laden auf
erfüllt jedem seine träume, der sich leisten kann, dass er sie grade kauft
sie könnt laufstege erobern, bleibt lieber ein urbaner mythos
denn das steuerfreie einkommen, das sie kerlen aus der tasche zieht genügt doch
den lebensstandard zu wahren. wer weiß schon, was wird, wenn die blüte einst vergeht
wenn sie nicht mehr köpfe, sondern sie der zahn der zeit verdreht
doch bis dahin dreht sie vormittags mit mary jane runden im park
warum morgen planen, was zur seite legen, wenn sie heut noch arme hunde vernarrt
fünfzig euro, zwanzig minuten, standardprogramm damit der nächste kunde kommt
währenddessen erscheint ihr ein nullachtfünfzehn leben mehr als ungewohnt
die kippe danach pflichtprogramm wie die dusche nach der dienstleistung
und irgendwie bringt sie in jeder schicht dann doch die zeit rum
dabei verzichtet sie während der geschäftszeiten konsequent auf alk und gras
der kopf muss klar bleiben, schon damit sie immer ihre haltung wahrt
denn die ist alles was zählt, während sie nach zählbarem strebt
die kundschaft lebt die illusion von kontrolle während sie fast jedem arsch ein bläst
ihr geschäftsmodell, das älteste der welt und seit jahrhunderten gleichbleibend
sie ist seit jahren dabei und die erfahrungen sind mitunter leicht beißend
oder zumindest der körpergeruch des ein oder ander'n geschäftspartners
doch es gibt da einen, der wenn überhaupt nur am rande für den sex da is
er meint die krankenkasse zahlt eh nicht, also wieso dann 'nen seelenklempner
wenn er mit ihr doch sowieso so viel besser reden könne
am anfang noch zögerlich, nimmt sie's an, kassiert nicht ab
manchmal vergisst sie den businessplan beim reden die ganze nacht
er erzählt von alten wunden, angst vor sozialkontakten, was er für'n loser is
und sie geht auf ihn zu, fast in ihm auf, verrät auch das man sie eigentlich am andern ufer trifft
sie sind beide opfer der modernen zeiten, weil die möglichkeiten von hier bis zum mond reichen 
und sie doch nur immer ins leere greifen auf der suche nach eckpfeilern, die den weg weisen

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