Es gab mal
einen Jungen, der hatte keine besonders schöne Kindheit, weil sein Vater so ein
Disziplinfanatiker war und ihn auch regelmäßig geschlagen hat. Als der
Junge älter wurde, verschlechterte sich das Verhältnis zu seinem Vater immer weiter,
außerdem zeichnete schlimme Akne dem Jungen tiefe Kerben ins Gesicht. Aber er
hatte einen Traum. Der Traum war erst eher unterschwellig, wurde aber im Laufe
der Jahre immer klarer. Der Junge wollte schreiben und das tat er.
Aber wie es
eben so ist mit Träumen, werden sie nicht einfach wahr und erfüllen sich nicht
von einem auf den anderen Tag. Der Junge wurde zum Mann und verfolgte weiter
seinen Traum, nur dass er eben auch irgendwie etwas in den Bauch bekommen musste.
Also suchte er sich Arbeit, aber er war nie geschaffen für die Arbeitswelt und
so geriet er ins Wanken. Er wechselte die Berufe öfter als seine Klamotten und
seine Bettgeschichten noch öfter. Und er trank. Viel. So ging sein Leben über
Jahre dahin. Schreiben, Arbeit, Frauen und Suff. Und dann wieder von
vorn.
Zwar fand er
langsam Anerkennung für sein Schreiben, als er in seinen Dreißigern war, nur
leben konnte er davon noch immer nicht.
So musste er
weiter arbeiten, aber wie gesagt war er dafür nicht gemacht und wurde immer
wieder gefeuert oder ging von selbst. Also kam es in der Melange aus Alkohol
und den flüchtigen Frauenbekanntschaften, wie es kommen musste: er konnte sich
nur Zimmer in den billigsten Vierteln der Städte leisten. Nur eines hat er nie
aufgegeben, nie hergegeben: seine Schreibmaschine und damit auch seinen Traum. Er
schrieb immer weiter. Für kleine Zeitungen und sogar Bücher von ihm wurden
veröffentlicht. Weil er von den Verlegern über den Tisch gezogen wurde und sein
Leben eben führte, wie er es nun mal tat, konnte er nur gerade so davon leben, doch
immerhin konnte er es inzwischen.
Aber er
erkannte auch oder vielleicht erkannte er es nicht, dass ihm etwas fehlte.
Seine Beziehungen gingen über kurz oder lang, meist kurz, in die Brüche. Er war
mittlerweile fast sechzig und die Richtige fehlte ihm an seiner Seite. Die
eine, die mit seinem inzwischen verbitterten Wesen und seinen Marotten
zurechtkommen würde.
Bis er sie
fand, führte er sein Leben wie seit Jahren - die immer gleiche Routine.
Als er es wohl
am wenigsten vermutete, da traf er eine Frau. Sie war eine erstaunliche Frau.
Sie bekam ihn nicht vom Alkohol los, aber sie blieb dennoch bei ihm und konnte
seinen Konsum einschränken und sie konnte damit umgehen, dass er sich hinter
seiner Schreibmaschine versteckte und mit siebzig noch den selben Groll gegen
die Welt hegte wie zehn, zwanzig, dreißig oder gar vierzig Jahre zuvor. Vielleicht
zeigte er ihr nicht immer die Aufmerksamkeit und Anerkennung, die sie
verdiente, aber in seinem Inneren wusste er, dass er ihr die letzten zwanzig
Jahre seines Lebens verdankte und sie das beste war, das ihm je passiert war.
Und er ließ es den aufmerksamen Leser in seinem Werk wissen, sodass auf ewig, ihrer
beider Leben überdauernd, geschrieben stehen wird, was sie ihm bedeutete und
wie dankbar er war, dass eine gute Frau sich eines Straßenköters wie ihm angenommen
hatte...
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